New Grass Revival – Fly Through The Country (1975)


In den letzten Wochen sorgten ein paar nostalgische Anwandlungen dafür, daß ich vermehrt Platten aus dem Regal zog, die schon drohten, Staub anzusetzen. Ich hörte plötzlich wieder sogenannten Progressive-Rock! Hielt ich das anfangs noch für eine milde Form von Altersstarrsinn, sollte ich schnell entdecken, daß mir diese Musik nach wie vor etwas zu sagen hatte. Und so begann ich, das verbliebene Wissen etwas aufzufrischen, mich intensiver mit der Materie auseinanderzusetzen. Zu meiner Überraschung stellte ich dabei fest, daß die Szene quicklebendig zu sein schien, unzählige Bands nach wie vor versuchten, die großen Fußstapfen der Altvorderen auszufüllen oder gar eigene Duftmarken zu setzen, und selbst jüngere Semester das mit großem Interesse verfolgten. Und im Gegensatz zu früher, als meine Freunde und ich einfach nur gebannt lauschten und staunten, scheint es heute sogar so etwas wie eine „wissenschaftliche Auseinandersetzung“ zu geben, mit Primär- und Sekundärliteratur, diversen Foren und spezialisierten Magazinen. Wahrscheinlich gab es das „damals“ auch schon, nur hatten wir davon keine Ahnung. Besonders interessant erschienen mir Versuche, „Progressive-Rock“ zu definieren. Was ist das überhaupt? Was macht diese Spielart der Rockmusik, die gegen Ende der 1960er Jahre aufkam, aus? Wichtig erscheint mir dabei die bewußte Abgrenzung zur - nennen wir sie mal so – herkömmlichen Popmusik mit ihrem immer wiederkehrenden Strophe-Refrain-Strophe-Schema, den immer gleichen Akkordfolgen, der wenig variablen Instrumentierung, der stark begrenzten Auswahl der besungenen Themen und dem Bestreben, alles in radiotauglichen drei Minuten abzuhandeln. Und so beglückten uns Bands wie Yes, King Crimson, Van der Graaf Generator oder Genesis (die allesamt 1969 auf den Plan traten) fortan mit Konzeptalben, ellenlangen, verschachtelten Stücken, deren Texte gerne Anleihen bei Tolkien, mittelalterlichen Sagen und Science-Fiction-Autoren aufnahmen, ausgesprochen virtuosen, nicht von ungefähr an Jazz erinnernde Soli auf zum Teil (für Rock und Pop) eher ungewöhnlichen Instrumenten und Musik, die, an Strukturen aus der Klassik orientiert, durch häufige Tonart- und Rhythmuswechsel ständig für Überraschungen sorgte und Aufmerksamkeit einforderte. Für den Hörer also nichts, was er mal so nebenbei „wegfrühstücken“ konnte. Progressiv, also fortschrittlich, war dieses Konzept natürlich nicht ewig. Am ehesten trifft das noch für die Zeit bis Mitte der 1970er zu. Da hatte sich aber der Begriff als Bezeichnung eines Musikstils bereits etabliert und existiert seitdem unabhängig von seiner ursprünglichsten Bedeutung.


Sollten Sie nun der Ansicht sein, ich hätte mich bei der Überschrift vertan, will ich mal beginnen, den Knoten aufzulösen. New Grass Revival zählten zu den exponiertesten Vertretern des Progressive-Bluegrass! Und während ich weiter oben darauf verzichtet habe, auf „herkömmliche Popmusik“ näher einzugehen, will ich zu Bluegrass dann doch ein paar erläuternde Sätze loswerden. Als Stamm- und Übervater dieser Country-Spielart gilt Bill Monroe. Ende der 1930er Jahre rief er, der aus dem „Bluegrass State“ Kentucky stammte, seine Bluegrass Boys ins Leben. Anfangs unterschied sich deren Musik noch nicht großartig von der traditioneller Stringband-Kapellen. Erst 1945 kamen zu Gitarre, Mandoline, Fiddle und Baß noch ein Banjo (von Dave Akeman im Zwei-Finger-Stil gespielt) und ein Akkordeon hinzu. Ein Jahr später war dann die Besetzung gefunden, die bis heute den Bluegrass-Standard darstellt. Das Akkordeon war wieder verschwunden, und am Banjo agierte jetzt Earl Scruggs, dessen Drei-Finger-Stil ein schnelleres und vor allem synkopenreiches Spiel erlaubte, und zu einem Markenzeichen für diese „neue Musik“ werden sollte. Die Band wurde unglaublich populär, und Radio-DJs prägten den naheliegenden Begriff „Bluegrass“. Die Fiddle hatte dabei ihre Stellung als dominierendes Melodieinstrument eingebüßt. Die unverzichtbaren Soli verteilten sich nun, mit Ausnahme des Basses, der für den Rhythmus zuständig war, auf sämtliche andere Instrumente. Bluegrass war nichts für Neulinge! Gespielt wurde ausschließlich auf unverstärkten akustischen Instrumenten. War jemand mit einem improvisierten Solo an der Reihe, machte er einfach ein paar Schritte in Richtung des Mikrofons, das in der Mitte stand, um sich anschließend wieder an seinen alten Platz zu begeben. Die Melodien und Texte waren dabei eher einfach (häufig traditionelle oder solchen nachempfundene Stücke), meist in G-Dur und unter Verwendung üblicher Akkorde und Akkordfolgen. Neben dem atemberaubend schnellen Spiel auf der Mandoline setzte Monroe mit seiner hohen Falsettstimme auch beim Gesang den bis heute gültigen Maßstab. Das Ganze war so erfolgreich, daß neue Bluegrass-Bands plötzlich wie Pilze aus dem Boden schossen. Die größte Konkurrenz kam dabei zunächst aus den eigenen Reihen. Earl Scruggs hatte schon 1948 die Bluegrass Boys wieder verlassen, um mit dem Gitarristen Lester Flatt die Foggy Mountain Boys zu gründen.


Mit dem Einsetzen des Folk-Revivals begann sich eine ganz neue Generation, für diese Musik näher zu interessieren. Und nicht nur das Alter der Zuhörer ging nach unten, auch begabte junge Musiker verschrieben sich plötzlich diesen betagten Klängen. Natürlich dachten die aber nicht im Traum daran, lediglich die Alten zu kopieren. Eigenes Material wurde geschrieben, Traditionals nach Möglichkeit noch schneller vorgetragen, die strenge Einheitskluft gegen lässige Klamotten getauscht. Führende Vertreter dieser erfrischenden, aber vorerst noch immer traditionellen Spielart waren The Dillards, die Country Gentlemen sowie The Golden State Boys, aus denen kurz darauf The Hillmen werden sollten. Wie schon bei der Rezension zu deren einziger LP erwähnt, gerieten alsbald auch aktuelle Songs junger Songwriter ins Blickfeld der Bilderstürmer. The Dillards schnappten sich für ihr zweites Album „Walking Down The Line“, The Hillmen hatten „Farewell“ und „When The Ship Comes In“ zu originellen Bluegrass-Stücken umfunktioniert, während die Country Gentlemen mit „Girl From The North Country“ nachzogen. Aber auch wenn diese Songs aus der Feder Bob Dylans stammten, blieben sie im Kern doch Folk-Songs und wurden auch als solche interpretiert. Fehlte also noch eine musikalische Auffrischung. Während nun vornehmlich in England junge, vom üblichen Tralala gelangweilte Musiker und Kunststudenten daran gingen, ihre eigenen Vorstellungen von zeitgemäßer Rockmusik zu artikulieren, versuchte fast zeitgleich der amarikanische Bluegrass-Nachwuchs, durch das Öffnen streng verschlossener Türen frischen Wind in das von Lähmung bedrohte Genre zu bringen.


The Dillards elektrifizierten sich auf ihrem vierten Album („Wheatstraw Suite“, 1968), übernahmen Songs von Tim Hardin und den Beatles und spielten plötzlich Byrds-infizierten Country-Rock. 1969 verließ John Duffey wegen panischer Flugangst vor einer Japan-Tournee die Country Gentlemen, um bald darauf The Seldom Scene aus der Taufe zu heben. Im gleichen Jahr (1971) kehrten Sam Bush, Courtney Johnson, Chris Burch und Ebo Walker der Bluegrass Alliance den Rücken, um ihrerseits eine neue Band zu gründen, die ihre „unlauteren Absichten“ schon im Namen verankerte: New Grass Revival. Auf dem Cover ihres gleichnamigen Debütalbums (1972 auf Starday Records) sind die vier Herren dann auch gleich in ihrer ganzen langhaarigen Pracht und in Jeans und T-Shirts zu bewundern. Wer daraufhin nichts Gutes ahnte, mußte sich beim Auflegen der LP mehr als nur bestätigt fühlen. Sie beginnt mit einer Version von „Great Balls Of Fire“, die Jerry Lee Lewis alle Ehre machte. Schon dieser Einstieg zeigte deutlich, daß man Rock'n'Roll keineswegs für die Inkarnation des Teufels hielt (was in traditionellen Country- und Bluegrass-Kapellen schon mal vorkommen konnte), und wenn doch, auf jeden Fall bereit war, mit ihm zu tanzen. Am Ende der ersten Seite findet sich dann mit dem „Lonesome Fiddle Blues“ eine siebenminütige Jam-Session, die auch von einem zeitgenössischen Bluesrock-Album hätte stammen können. Nur wurde das Stück eben mit dem klassischen Bluegrass-Instrumentarium gespielt, plus elektrisch verstärkter Fiddle. Sam Bush, damals gerade 20 Jahre alt, hatte schon mehrere Wettbewerbe auf diesem Instrument gewonnen und galt in der Szene als Wunderkind. Nur, was er hier vom Stapel ließ, dürfte nicht im Sinne seiner ergrauten Lehrer gewesen sein! Auch das Bearbeiten seiner Mandoline mit einem Bottleneck wird für weitere graue Haare gesorgt haben. Die Platte endet mit „Prince Of Peace“, einem Song von Rock-Outlaw und Tausendsassa Leon Russell. Man findet das Stück auf seinem Solo-Debüt (Shelter Records, 1970), wo es von „Delta Lady“ (Joe Cockers krönender Abschluß seiner „Mad Dogs And Englishmen“-Konzerte, mit Russell als Kapellmeister) und „Old Masters“, der ersten Strophe von „Masters Of War“ zur Melodie von „The Star Spangled Banner“ (Hendrix läßt grüßen), eingerahmt wurde. Skandalträchtige Engländer, Dylans Protestsongs, Woodstock, das waren nicht die Gewässer, in denen Bluegrasser für gewöhnlich zu fischen geruhten! Da beinharte Traditionalisten selbst Musik, die sich nicht in direkter Linie auf Bill Monroe zurückführen ließ, die Bezeichnung „Bluegrass“ verweigerten, kann man sich lebhaft vorstellen, zu welch heftigen Diskussionen das Auftauchen dieser vier unkonventionellen Typen führte! Erst als Monroe selbst sich als Fan outete, wurden die Debatten etwas sachlicher. Denn handwerklich standen die Musiker außerhalb jeder Kritik. Und seit sie zu Bluegrass-Festivals eingeladen wurden, stiegen dort nach Jahren auch wieder die Besucherzahlen. Jedoch mußten die nun herbeiströmenden Hippies, Rock- und Bluesfans vorerst ganz am Rand der Zeltplätze kampieren; direkt neben dem Kleinbus der New Grass Revival.


Nach der ersten Platte verließ Ebo Walker (der eigentlich Harry Shelor jr. hieß) die Band, geriet bald darauf in größte Schwierigkeiten, erschoß einen Polizisten und bekam dafür lebenslänglich. Den Bass zupfte zur Überbrückung der Banjospieler Butch Robins, bevor ein „Casting“ für die vakante Stelle angesetzt wurde. Ein junger Bassist, der bislang in Rockformationen geglänzt hatte, erhielt den Zuschlag. Sein Name war John Cowan, und er war so eingeschüchtert, daß er den letzten Satz nach dem Vorspielen kaum herausbrachte: „Übrigens, ich kann auch singen.“. Und wie er konnte! Die Anderen zwar auch, denn was wäre Bluegrass ohne perfekten Satzgesang, aber ihnen fehlte die sprichwörtliche „high and lonesome voice“, die Bill Monroe zum unverzichtbaren Bestandteil dieser Musik erhoben hatte. Cowan brachte also neben seinem E-Bass auch eine der markantesten Stimmen ein, die das Genre seitdem zu bieten hat. Kein Bluegrasser aus Fleisch und Blut, mußte er sich erst daran gewöhnen, ohne Schlagzeug zurechtzukommen. Da seine Kollegen aber abseits ihrer Soloeinlagen ebenfalls als Teil der Rhythmusgruppe agierten, war das keine unüberwindliche Herausforderung.


Bruce Kaplan, ehemaliger Präsident der Folklore Society der Chicagoer Universität, war überzeugt davon, daß man traditionell orientierte Musik durchaus einer breiteren Käuferschicht zugänglich machen konnte, wenn man sie nur professioneller vermarkten würde. Also gründete er 1974 das Label Flying Fish Records, zu dessen Stamm bald Leute wie John Hartford, Vassar Clements und Norman Blake gehörten. 1975 unterschrieben auch New Grass Revival und setzten gleich mit ihrem ersten Album für das neue Label einen stilprägenden Meilenstein.

Fly Through The Country“ war progressiv im besten Wortsinn. Neben John Cowans elektrischem Bass kam auch punktuell eine E-Gitarre zum Einsatz (gespielt von Sam Bush), während man den Produzenten Chuck Cochran ans E-Piano setzte. Man findet Einflüsse von Rock, Rhythm & Blues, Jazz und sogar Reggae, über fünf Minuten lange Stücke die eher an Jam-Sessions erinnern, als an brave Country-Songs sowie heftige Rhythmuswechsel und schräge Taktzahlen an allen Ecken und Enden. Allerdings geschieht nichts davon in der Absicht, zu provozieren oder die Zuhörer mit billigen Tricks zu beeindrucken. Selten klang eine Band organischer, nie zuvor war es gelungen, mit herkömmlichem Bluegrass-Instrumentarium einen solch fließenden, modernen Sound zu kreieren. Wenn sich später (vor allem mit dem Einstieg von Bela Fleck und Pat Flynn für Johnson und Burch 1982) die Koordinaten immer mehr in Richtung pop-orientiertem Country verschieben sollten, ist man hier noch sehr nah an der Bluegrass-Tradition, zwar mit jeder Menge innovativer Ideen, aber auch gehörigem Respekt.


Die Hälfte der zehn Songs stammte aus eigener Feder, was ebenfalls alles andere als üblich war. Zu nennen ist dabei unbedingt Steven F. Brines, der für die ersten fünf Platten der Band immerhin 16 Stücke als Autor oder Co-Autor beisteuerte und im Prinzip als fünftes Mitglied bezeichnet werden kann. Auch die für Coverversionen ausgewählten Lieder waren für das Genre äußerst ungewöhnlich. So stammte der Titelsong aus der Feder von Jimmy Webb, der unter anderem auch „MacArthur Park“ geschrieben hatte. Neben einer Nummer von label-mate John Hartford („Skippin' In The Mississippi Dew“), auf der Sam Bush zwei Fiddles gegeneinander antreten lässt, entschied man sich auch für Jimmie Skinners „Doin' My Time“, das Johnny Cash bereits 1957 für sein erstes Sun-Records-Album aufgenommen hatte. Während bei Cash nach zweieinhalb Minuten alles vorbei war, füllen New Grass Revival über sechs Minuten mit einem Staccato-Rhythmus und einer ganzen Reihe erstklassiger Soli. Bei diesen tritt der jeweilige Akteur jedoch nicht nach vorn, sondern spielt scheinbar aus dem Verbund der Band heraus, was den Begriff „Gruppendynamik“, der oft genug als Floskel gebraucht wird, zu seiner ureigenen Bedeutung zurückführt.


Nicht nur die meisterliche Beherrschung der Instrumente (wobei die oft im Schatten Bushs stehenden Courtney Johnson und Curtis Burch eine besondere Erwähnung verdienen) ist über jeden Zweifel erhaben, auch und gerade der Gesang setzt hier Maßstäbe. Drei der Musiker sind mit lead vocals vertreten, wobei der Löwenanteil mit jeweils vier Songs bei Sam Bush und John Cowan liegt. „This Heart Of Mine“ singen dann Burch, Bush und Cowan gemeinsam. Ist der perfekte Satzgesang im Hintergrund praktisch Bluegrass-Standard, sind mehrere Solo-Sänger schon seltener. Und einen wie John Cowan hatte in der gesamten Szene niemand zu bieten! Einzig der leider 1996 verstorbene John Duffey konnte mit einer ähnlichen Intensität in der Stimme aufwarten. Was Cowan mit seinem hörbaren Rock-Background aber so einzigartig macht, ist etwas anderes: Soul!

Die Platte endet mit „These Days“, das Jackson Browne 1973 auf seiner zweiten LP veröffentlicht hatte. Der Song gehört in der Original-Version zum Besten, was der Westcoast-Rock je hervorgebracht hat. Und ich liebe Jackson Browne gerade wegen seiner leicht jenseitigen Art, zu singen. New Grass Revival gehen die Aufgabe nun nicht ausgesprochen „progressiv“ an. Das Arrangement wird (bis auf das Schlagzeug natürlich) weitgehend übernommen. Piano (hier Chuck Cochran, dort David Paich) und akustische Gitarre (hier Courtney Johnson, dort Jackson Browne) spielen recht ähnliche Parts. David Lindleys Slide Guitar wird von Curtis Burchs Dobro adäquat ersetzt (schon das ist ein Kunststück für sich), während Sam Bush mit E-Gitarren-Tupfern noch zusätzliche Akzente setzt. Sie ahnen es bereits; es ist John Cowan, der hier den Unterschied macht. Wenn er singt: „I've been loosing sooooo long“, weiß man, was man bei Jackson Browne nur vermutete: er hat tatsächlich verdammt gelitten!


Bei all den frischen Ideen und der Experimentierfreude, die die Band auf „Fly Through The Country“ an den Tag legt, bleiben jedoch zwei Dinge, die die Seele des Bluegrass ausmachen, unangetastet: Dynamik und Melancholie. Eine enorme Glaubwürdigkeit, die sich aus der allürenfreien, bodenständigen Art des Musizierens speist, ist ein weitere Pluspunkt, der der Platte eine Ausnahmestellung verschafft. Sympathiewerte sollten nicht in eine Beurteilung einfließen. Aber hier läßt sich das beim besten Willen nicht vermeiden, auch wenn die Qualität der Musik auch ohne bestehen könnte.


Es sieht so aus, als gäbe es von der Platte tatsächlich nur zwei Vinylausgaben. Singles wurden erst gar nicht ausgekoppelt, da die Charts wohl das Letzte waren, woran man bei Band und Plattenfirma dachte. Erst gegen Ende der 1980er Jahre änderte sich das ein wenig, und man verbuchte mit „Callin' Baton Rouge“ den ersten und einzigen kleinen Hit. Als Garth Brooks 1993 die Country-Charts mit eben jener Nummer aufrollte, versicherte er (alles andere als ein Dummkopf) sich der Unterstützung von New Grass Revival.

Die Platte wurde im Jack Clement Studio in Nashville aufgenommen. Das Mastering besorgte der erfahrene Larry Boden. Das klingt alles sehr solide und übersichtlich, aber ich habe schon Flying-Fish-LPs gehört, die mich mehr überzeugen konnten. Wer dann auch immer 1976 beim kleinen japanischen Jazz- und Blues-Label Trio Records (eng mit Kenwood verbandelt) auf die Idee kam, dieses Album in Lizenz herauszubringen (Trio PA-3130), der tat es jedenfalls mit viel Enthusiasmus. Ein großformatiges Beiblatt mit hochinteressanter Bandbiographie (könnte aber auch ein Sushi-Rezept sein) auf Japanisch und den englischen Texten auf der Rückseite gehörte zum landestypischen Service. Nun klingen japanische Pressungen ja nicht automatisch besser, nur weil man das ständig irgendwo liest. Dieses Exemplar hier tönt aber zweifelsfrei weit feiner, sauberer und dynamischer als das Original (Flying Fish FF-016). Ich habe die Platte für einen absurd niedrigen Preis erstanden, ordne das aber als einmaligen Glückstreffer ein. Was nicht heißen muß, daß es Ihnen nicht trotzdem einen Versuch wert sein sollte!


Musik: 8,5

Klang: 7,5 (USA, 1975)

Klang: 8,5 (Japan, 1976)


Ronald Born, März 2015