Black Sabbath – Black Sabbath (1970)


Vielleicht erinnern Sie sich ja noch daran, wie ich mich in der AC/DC-Besprechung aufgeregt habe, weil „Dirty Deeds Done Dirt Cheep“ in der Rolling Stone-Liste der „100 besten Hardrock/Metal-Alben“ ignoriert wurde. Keine Panik, „Black Sabbath“ war auch nicht dabei (dafür immerhin die vier folgenden LPs)! Das ist, als würde man im Familienstammbaum die eigene Großmutter unterschlagen! Allerdings gebe ich problemlos zu, daß mich das vor nicht allzu langer Zeit noch nicht weiter gestört hätte. Doch dazu hat man ja Freunde! Und die wußten das erste Album der Band aus Birmingham schon sehr lange zu schätzen. Auch wenn ich deren Begeisterung für das weitere Werk Black Sabbaths nicht so vorbehaltlos teilen kann (Ausnahme: „Paranoid“), das Debüt habe ich in mein Herz geschlossen.

Um mir nicht selber in die Tasche zu lügen, muß ich natürlich zugeben, daß zumindest bis „Black Sabbath Vol. 4“ (1972) eine stetige Verfeinerung des Konzepts und eine musikalische Entwicklung unübersehbar sind. Aber mir gefällt gerade diese unbedarfte Herangehensweise, die wenig Platz für filigrane Details läßt, die das Debüt eher nach Garage, als nach Studio klingen ließ.

Begonnen hatte alles 1968 in Aston, einem eingemeindeten Vorort von Birmingham. In einem Musikgeschäft hing ein Zettel, auf dem stand: „Ozzy Zig Needs Gig – has own PA“. Ob der Hinweis auf eine eigene Anlage den Ausschlag gab, kann niemand mehr sagen, aber Tony Iommi und Schlagzeuger Bill Ward, deren Band Mythology sich gerade aufgelöst hatte, engagierten diesen Typen, der vormals bei Rare Breed am Mikro stand und gleich noch den Bassisten Geezer Butler mitbrachte. Man nannte sich The Polka Tulk Blues Band, und nachdem man sich von zwei weiteren Mitspielern getrennt hatte, erfolgte die Umbenennung in Earth. Man nahm Demos auf und begann, Gigs in kleineren Läden zu spielen. Es folgte eine ausgiebige Tingelei durch England, bis Earth letztendlich im Hamburger Star Club landete. Im Dezember verließ Iommi die Band für ein kurzes Intermezzo bei Jethro Tull, kehrte im Januar 1969 aber geläutert zurück. Als jemandem auffiel, daß in England eine weitere Band mit dem wenig originellen Namen Earth existierte, kam es zur letzten Umbenennung.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Proberaumes in Aston befand sich ein Kino. Dort lief gerade ein mittelmäßiger italienisch/französischer Horrorfilm mit Boris Karloff unter dem Titel „Black Sabbath“. Die große Menschenmenge, die hineindrängte, beeindruckte die Musiker offenbar so sehr, daß die Suche nach einem neuen Namen ein abruptes Ende fand. Geezer Butler hat noch eine andere, ebenfalls einleuchtende Version anzubieten. Er hörte damals häufig „Die Planeten“, eine Orchestersuite des englischen Komponisten Gustav Holst. Besonders der erste Satz („Mars, der Kriegsbringer“) hatte es ihm angetan. Als er das dramatische Eröffnungsthema auf seinem Bass spielte, klinkte sich Iommi ein, und veränderte es ein wenig. Der Rest kam dann wie von selbst. In seinem Riff verwendete Iommi einen sogenannten Tritonus, ein musikalisches Intervall, das früher wegen seiner düsteren Atmosphäre und der technischen Herausforderungen auch „Teufelsintervall“ genannt wurde. Schon Bach, Vivaldi oder Beethoven setzten es ein, um eine höhere Spannung zu erzeugen. Hendrix begann „Purple Haze“ mit einem Tritonus, den man dann auch in Metallicas „Enter Sandman“ oder am Ende von Deep Purples „Into The Fire“ finden konnte. Genug Theorie, zumal Tony Iommi später glaubhaft versicherte, nicht wirklich gewußt zu haben, was er da eigentlich tat. Nun fehlte nur noch ein Text.


Nicht nur Horrorfilme waren damals unglaublich populär, sondern auch alles, was mit den Weltreligionen nicht unter einen Hut zu bringen war. Vor allem Geezer Butler hatte ein reges Interesse an esoterischem und übersinnlichem Kram in jedweder Schattierung. Streng katholisch erzogen (wozu eine ungesunde Angst vor dem Teufel gehörte), sammelte er Kruzifixe und wollte Priester werden. Praktisch über Nacht schlug seine Passion ins Gegenteil um, und er verschlang begierig alles, was er an okkulten Weisheiten zu lesen bekam, von einschlägigen Magazinen wie „Madness & Magic“, über die Bücher des ehemaligen Weinhändlers Dennis Wheatley bis hin zu den verworrenen Schriften eines Aleister Crowley. Einiges davon findet sich in dem, gemeinsam mit Osbourne geschriebenen Text wieder, der, wie man nicht müde wurde zu betonen, eine eindringliche Warnung vor dem Satanismus sein sollte. Man nannte das Werk „Black Sabbath“. Noch am selben Abend spielte man den ersten gemeinsam erschaffenen Song in einem Pub namens „Poky Hole“ in der Nähe von Lichfield. War bei solchen Auftritten das Publikum eher mit Biertrinken, als mit Zuhören beschäftigt, veränderte die neue Nummer alles. Nach den ersten Tönen wurde es schlagartig still. Die Spannung hielt bis zum letzten Akkord und entlud sich dann in wahren Ovationen! Der zukünftige Kurs der Band konnte nur noch in eine Richtung gehen. Als dann die erwähnte Umbenennung anstand, war die Übernahme des Titels ihres wegweisenden ersten Erfolges die logische Konsequenz. Soweit Butlers Version.


Das erste Konzert unter dem neuen Namen fand am 30. August 1969 in Workington statt. Andere Quellen verweisen darauf, daß sie schon bei ihrer Rückkehr in den Star Club einige Wochen zuvor als Black Sabbath auftraten. Auf jeden Fall begann Philips, sich für die Kapelle zu interessieren, und bald war ein Vertrag mit dem Sublabel Fontana unterschrieben. Laut Tony Iommi ging es am 16. Oktober 1969 ins Studio. Das Budget war äußerst mickrig, und so spielten die Vier in gerade einmal 12 Stunden sämtliche Songs ein. Nur für „N.I.B.“ wurde noch ein zusätzliches Solo aufgenommen. Man spielte live, mit Ozzy Osbourne in einer separaten Kabine, all das, was man auch bei Konzerten zum Besten gegeben hatte. Im letzten Jahr wurde ein einseitig bespieltes Fontana-Acetat für knapp $1.000 versteigert, auf dem „Black Sabbath“, „Behind The Wall Of Sleep“ und „Wicked World“ zu hören sind. Handschriftlich hat jemand auf dem Label den 7.12.69 vermerkt. Aber das kann natürlich auch das Herstellungsdatum des Acetats sein. Am 11. November spielte man dann für John Peels Radiosendung „Top Gear“ vier Songs aus dem bevorstehenden Album, die zwei Wochen später über den Sender gingen und eine landesweite Hörerschaft erreichten. Der legendäre DJ war ein Fan der Band, seit er sie im März als Vorgruppe von Van Der Graaf Generator erlebt hatte. Zu gern hätte er sie auch für Dandelion Records verpflichtet, wo er als eine Art künstlerischer Leiter fungierte und das den Namen seines Hamsters trug. Doch er kam zu spät, unterstützte die Jungs aber weiterhin nach Kräften.

Im Januar 1970 erschien „Evil Woman“, ein Coversong der US-Band Crow, als Single bei Fontana, mit „Wicked World“ als B-Seite. Sie verpuffte, und die Verantwortlichen der auf Chartfutter geeichten Firma erkannten, daß Black Sabbath woanders besser aufgehoben sein würden. Da lag es nahe, sie an den neu gegründeten Philips-Ableger Vertigo weiterzureichen. Dessen Strategie war auf erwachsenere Käufer ausgerichtet, und das geplante Programm ließ sich in drei Worte fassen: alles außer Mainstream! Natürlich war man bei Vertigo begeistert, eine unorthodoxe Band mit einem fertigen Album praktisch auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen. Auch die düstere Aura kam bestens an, und mit dem Hinzufügen von Regengeräuschen und Glockenläuten als Einstieg in die Platte goss man selbst noch zusätzlich Öl ins Feuer.

Als die Bandmitglieder zum ersten Mal das Plattencover sehen durften, waren sie förmlich aus dem Häuschen. Sie hatten mit dem üblichen Bandfoto gerechnet, das eine schlichte Hülle ziert. Aber bei Vertigo tickten die Uhren anders. Man wollte ein unverwechselbares Design, das den Charakter der jeweiligen Musik herausstellen sollte. Fast alle frühen Veröffentlichungen bekamen Klappcover spendiert (nicht selten sogar mehrfach ausklappbar). Poster, Beilagen oder Gimmix-Cover gehörten zum guten Ton. Als Designer fungierten damals häufig Roger Dean oder Keith McMillan (als „Marcus Keef“ oder einfach nur „Keef“). Letzterer war auch für „Black Sabbath“ verantwortlich. Sein in herbstliches Rot getauchtes Foto der mysteriösen, unbekannten Frau mit der Katze unterm Mantel, platziert vor der alten Wassermühle von Mapledurham, ist die perfekte Ergänzung zur Musik, die ich übrigens als weit weniger böse empfinde, als wohl von der Band beabsichtigt. Klappt man die Hülle auf, findet man ein großes, umgedrehtes Kreuz, in welches die Produktinformationen gedruckt wurden. Auch das war eine von Keefs Ideen, dem offensichtlich klar war, wohin der Hase laufen sollte. Hatte eigentlich niemand bemerkt, daß man aus Ozzy Osbourne einen „Ossie Osborne“ gemacht hatte, oder war es da für eine Korrektur einfach schon zu spät? Unerklärlich bleibt, warum auch diverse Wiederveröffentlichungen den Fehler beibehielten.


Nicht nur mit der Covergestaltung versuchte man bei Vertigo, Black Sabbaths sich zusehends verdüsterndes Image zu unterstreichen. Oder glaubt jemand, das Erscheinen an einem Freitag dem 13. (Februar 1970) wäre reiner Zufall? Das Album kletterte in England bis auf Platz acht und hielt sich fünf Monate in den Charts. Für das Debüt einer bislang nahezu unbekannten Band war das ein überwältigender Erfolg. Logisch, daß man die Jungs schon im Juni erneut ins Studio schickte. Im Oktober erschien „Paranoid“ und besetzte den Spitzenplatz in den englischen LP-Charts (was erst 43 Jahre später mit „13“ erneut gelang), nachdem die gleichnamige Single schon im Vorfeld für Furore (und Platz vier) gesorgt hatte.

Im Gegensatz zu „Paranoid“ war das erste Album noch tiefer im Bluesrock der frühen Jahre verwurzelt. Mehrere der schwerblütigen, zuweilen sogar melancholischen Songs gingen sessionmäßig ineinander über, Ozzy spielte gelegentlich Mundharmonika, lange Gitarrensoli waren an der Tagesordnung. Das hatte aber zum Teil noch seine Ursache im Tourneealltag der Anfangszeit. So mußte sich die Band, die im Star Club in Hamburg pro Abend vier Sets a 45 Minuten abzuliefern hatte, etwas einfallen lassen, wollte sie sich nicht selbst mit immer den selben Stücken aus ihrem überschaubaren Repertoire langweilen. Also blies man eine Nummer wie „Warning“, die im Original der Aynsley Dunbar Retaliation keine drei Minuten dauerte, auf über zehn Minuten auf. Allerdings ist es einfach ein Vergnügen, Tony Iommi dabei zuzuhören. Mit 17 Jahren verlor er bei einem Arbeitsunfall zwei Fingerkuppen der rechten Hand; für einen linkshändigen Gitarristen das Aus. Ein Freund spielte ihm daraufhin eine Platte von Django Reinhardt vor (sicher das Letzte, was Iommi in dieser Situation hören wollte) und vergaß nicht, zu erwähnen, daß auch der mit zwei verkrüppelten Fingern spielte. Das genügte als Motivation, und Iommi machte aus einem Handicap seinen eigenen Stil. Auch das Tieferstimmen seiner Gitarre (und in Folge auch des Basses) ist eher der Tatsache geschuldet, daß damit die Spannung der Saiten verringert werden konnte, als daß man eine noch düsterere Atmosphäre schaffen wollte. Dafür gab es effektivere Möglichkeiten.


Zum Beispiel die Texte. Viel ist bis heute darüber geschrieben, spekuliert und gewettert worden. Auch viel Unsinn, wenn Sie mich fragen. Die Jungs waren damals Anfang zwanzig, fanden alles spannend und provozierend, was irgendwie nach Moder roch, konnten mit Blumen im Haar rein gar nichts anfangen (mein Gott, sie kamen aus Birmingham, einer der ungesündesten Städte Englands) und machten sich wohl keine allzu ernsten Gedanken darüber, was ihre Texte bewirken könnten. Daß eine Heerschar jugendlicher Plattenkäufer (vor allem im erzkonservativen Amerika) ihre Warnungen vor dem Satanismus allzu gerne gründlich mißverstand, dürfte angesichts Millionen abgesetzter Scheiben zu verschmerzen gewesen sein. Den gleichen Fehler wie die Teenager machten auch die meisten Kritiker. Sie nahmen die Sache einfach zu ernst. Lester Bangs zum Beispiel ätzte, es klänge, als würden Vanilla Fudge eine gereimte Huldigung auf Aleister Crowley spielen. Außerdem bescheinigte er der Musik: „Wie Cream, nur schlechter!“. Robert Christgau schrieb in der Village Voice gar von „bullshit necromancy“. Als Punk plötzlich die Bühne betrat, klangen Black Sabbaths Texte im Vergleich auf einmal weit weniger anstößig, und so sollte sich die Bewertung des Albums auch bei der schreibenden Zunft allmählich aber gründlich ändern. Die Zielgruppe liebte es von Anfang an. Und ganze Generationen von grimmig dreinblickenden Bands, die beim Musikmachen mehr Strom verbrauchten, als ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt, beriefen und berufen sich noch heute darauf. Black Sabbath hatten ein Fundament geschaffen, auf dem sich so ziemlich alles errichten ließ: von der nebelverhangenen Burgruine bis zum protzigen Barockschloß mit perückentragenden Lakaien; ganz nach Lust und Laune, Geschmack und Talent.

Abschließend muß ich noch gestehen, daß ich kein Fan von Ozzys hoher, quengelnder Stimme bin, auch wenn sie 1970 noch nicht, wie später gern bespöttelt, an einen Ziegenbock erinnerte. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß ich Black Sabbath-LPs ohne ihn nicht wirklich ernst nehmen kann.


Die ersten sechs Veröffentlichungen des neuen Vertigo-Labels in England besaßen noch Katalognummern mit dem Präfix „VO“ (VO 1 bis VO 7; Nummer fünf ist nie erschienen). Mit „Home To Home“ (Vertigo 6360 001) von Fairfield Parlour (Kaleidoscope unter Pseudonym) wurden dann siebenstellige Nummern eingeführt. „Black Sabbath“ erschien als VO 6. Wie bei allen Vertigo-Platten der frühen 70er Jahre bedeckte das von der Designerin Linda Glover entworfene Swirl-Logo das komplette Label der A-Seite, während die üblichen Informationen allesamt auf dem der B-Seite zu finden waren. Es gibt bei „Black Sabbath“ drei Varianten dieses Labels. Auf der Erstpressung (und nur dort) finden sich unter dem Vertigo-Schriftzug die Worte „A Philips Record Product“. Auf frühen Nachpressungen fehlen sie. Bei der dritten Variante (ab Anfang 1971) ist dann „Vertigo“ über das Mittelloch gewandert. Leider besitze ich keine dieser Ausgaben. 2013 bezifferte der Record Collector den Preis für eine neuwertige Erstausgabe mit £50.-. Wohl selten waren die englischen Spezialisten so weit entfernt von der Realität des eigenen Marktes! In den letzten beiden Jahren wechselten zahlreiche top-erhaltene englische Exemplare mit den magischen Worten „A Philips Record Product“ auf einer bestens bekannten Auktionsplattform für £500.- bis £1.000.- den Besitzer! Daß diese Summen lediglich dem neu aufgeflammten Interesse an der Band, die ja bekanntlich nach inflationären Personalwechseln die Amtsgeschäfte wieder in annähernder Originalbesetzung führt, geschuldet sind, kann ich nicht glauben.


Auch in Deutschland zählte das Album zu den ganz frühen Vertigo-Platten, was man u.a. daran erkennt, daß es noch eine alte Philips-Katalognummer (847 903 VTY) erhielt. Die siebenstelligen Nummern folgten auch hier erst kurz darauf. Die deutsche Niederlassung von Vertigo war neben der japanischen die einzige, die nicht nur das zu veröffentlichen hatte, was die englische Mutter vorgab, sondern auch einheimische Künstler (z.B. Lucifer's Friend, Frumpy oder Atlantis) verpflichten durfte. Und sogar bei der Labelgestaltung ging man (wie auch in Frankreich) anfangs eigene Wege. So verfügen die Erstausgaben der frühen Platten im Gegensatz zu England über zwei „normal“ bedruckte Etiketten! Das heißt - was auch immer Ihnen der Verkäufer weismachen will - daß ein Exemplar von „Black Sabbath“ mit dem großen Swirl-Logo auf der A- und den kompletten Titelangaben auf der B-Seite eine (wenn auch frühe) Nachauflage ist! Wenn Sie das verarbeitet haben, kann ich Ihnen auch noch verraten, daß deutsche Exemplare verbürgt sind, deren Matrixnummern anstatt mit „320“ (dem deutschen Ländercode) mit „670“ (dem holländischen) enden. Kamen die allerersten Platten, die in hiesigen Läden angeboten wurden, also gar aus Holland? Bloody Sabbath! Selbst einige deutsche Ausgaben mit der weit gebräuchlicheren zweiten Variante verfügen über diese Matrixnummern, was auch ein Indiz dafür ist, daß das „unenglische“ Label nur für sehr kurze Zeit in Gebrauch war.

Ich habe das Thema etwas vertieft, weil das Swirl-Label Sammler in aller Welt beschäftigt und sicher auch hier interessierte Leser findet. Die alternative Bezeichnung spiral label vermeide ich übrigens bewußt, da das Logo ja nun definitiv keine Spirale darstellt.

Etwa ab dem Frühjahr 1973 (in Deutschland ab Herbst) begann dann die Umstellung auf das Ufo- oder Spaceship-Label, das von Roger Dean entworfen wurde, wie man unschwer erkennt.


Wenn ich eingangs geschrieben habe, daß die Platte eher nach Garage klingt, meinte ich zuallererst die deutlich spürbare Spontanität, die die Aufnahmen prägt. Natürlich klingt das alles recht professionell und hat mit übersteuerten Probenraum-Demos nichts zu tun. Schließlich gab es ja mit Roger Bain sogar einen Produzenten, auch wenn vor allem Tony Iommi später dessen Rolle gern herunterspielte.

Besonders die englische Erstpressung würde ich gerne mal im Vergleich hören, da ihre stolzen Besitzer deren Klang weit über allen anderen Pressungen einordnen. Dabei sollte man sich der Platte nicht mit den üblichen „audiophilen“ Maßstäben nähern. Was hier zählt, sind Energie und an Liveaufnahmen (die sie ja im Prinzip auch waren) erinnernde Spielfreude, die hautnah eingefangen wurden. Der Hörer behält jederzeit den Überblick über das wilde Treiben.

Und so ist meine deutsche Erstpressung (genau die mit der holländischen Matrix, 146 Gramm) klanglich eine grundsolide Angelegenheit, nichts für Feinschmecker, aber kernig und mit ausreichend Druck. Eine Rockplatte halt. Daß sie für meinen Geschmack ruhig etwas heller klingen dürfte, ist in diesem Fall wohl eine recht unpassende Bemerkung.

Nach reichlich Ärger mit dem Management und der Plattenfirma wechselte die Band 1973 zu WWA Records, wo das fünfte Album „Sabbath Bloody Sabbath“ erschien, sowie die vier Vorgänger wiederveröffentlicht wurden. Schon nach einem Jahr stellte WWA den Betrieb ein, und die Band unterschrieb bei NEMS Records in London. 1975 brachte man dort „Sabotage“ heraus, und bis 1976 folgten erneut Neuauflagen der bisherigen Alben. Die NEMS-Pressungen von „Black Sabbath“ zählen zu den am häufigsten zu findenden und preiswertesten. Sie sind eine gute Alternative für Nicht-Sammler und Gelegenheitshörer, da sie neben einem passablen Klang auch ein Klappcover (in unserem Fall jetzt innen mit schwarzer Schrift auf weißem Grund) aufweisen. Meine Platte (NEL 6002) stammt aus Holland, wie die Coverrückseite verrät. Für Deutschland wurde damals die Lizenz an das Progressive-Label Spiegelei vergeben. Da ich diese Ausgabe (INT 145.615) nie gehört habe, kann ich dazu auch nichts sagen.

2010 legte dann Rhino gleich mehrere der frühen Alben als 180-Gramm-Pressungen und unter Verwendung der originalen Masterbänder (jedenfalls behauptet das der Sticker) erneut auf. Wie nicht anders zu erwarten, orientierte man sich dabei an den ursprünglichen US-Versionen von Warner Brothers. Für das Debüt bedeutete das: nur ein einfaches Cover (leider farblich und in der Detailschärfe suboptimal) und „Wicked World“ (in Europa nur auf Single) anstelle von „Evil Woman“. Alles Andere als ein Klang, der zumindest dem Original keine Schande macht, wäre von Rhino eine Enttäuschung. Gegenüber dem deutschen Original sind hier die Höhen wesentlich präsenter. Mancher mag das übertrieben finden. Dennoch ist diese Platte (Warner Bros. R1 1871) eine dicke Empfehlung für alle, die den Klassiker zwar analog (was sonst), jedoch völlig knisterfrei genießen möchten, dafür aber nicht gleich einen Kleinkredit aufnehmen wollen.

Sollten Sie bislang bewußt oder unbewußt einen Bogen um diese legendäre Scheibe gemacht haben, geben Sie ihr ruhig mal eine Chance. Und keine Angst, sie macht weder aggressiv, noch versuchen Ihre Urahnen, während des Hörens durch Klopfzeichen mit Ihnen Kontakt aufzunehmen! Höchstens Ihre Nachbarn.


Musik: 8,5

Klang: 8,0 (Deutschland, 1970)

Klang: 7,5 (Holland, 1976)

Klang: 8,0 (USA, 2010)


Ronald Born, Januar 2015