Carly Simon – Boys In The Trees (1978)
Der Begriff „Dachbodenfund“ (auch Keller oder Scheune sind möglich) löst bei Sammlern recht zwiespältige Gefühle aus. Zum einen sind da natürlich die Neugier und die nie versiegende Hoffnung, für kleines Geld oder gar umsonst einen großen Fisch an Land zu ziehen. Zum anderen schwingen irgendwie schon Zustandsbeschreibungen wie „unvollständig“, „stark verschmutzt“, „unsachgemäß gelagert“ oder „stark reparaturbedürftig“ von Anfang an mit. Und in den meisten Fällen begreift sich der eben noch erwartungsvolle Schnäppchenjäger dann lediglich als kurze Zwischenstation auf dem Weg zum Wertstoffhof. Etwas anders liegt die Sache bei „Boys In The Trees“. Die stöberte ich aus einer Laune heraus im eigenen Keller auf. Aus Platzgründen lagere ich ab und an Platten aus meinem Regal aus, die ich ewig nicht gehört habe und vermutlich in absehbarer Zeit auch nicht wieder auflegen werde. Die wandern dann in den Keller, wo sie immerhin warm und trocken auf bessere Tage warten. All meine LPs von Carly Simon ereilte irgendwann dieses Schicksal. Natürlich wußte ich, daß auch ihr siebentes Album (und das vorletzte für Elektra) darunter war. Nur war die Erinnerung rein visueller Natur (zum Cover kommen wir später). Selbst unter größten Anstrengungen hätte ich wohl kaum auch nur einen Song benennen können, geschweige denn einen der beteiligten Musiker (gut, James Taylor schon, der war ja damals praktisch immer präsent). Dabei genügte eine kurze Recherche, um festzustellen, daß die Platte die Top Ten erreichte und zwei erfolgreiche Singles abwarf; allerdings in den USA. Hier in Deutschland beschränkt sich die Erinnerung an Carly Simon ja hauptsächlich auf „You're So Vain“ aus dem Jahr 1972. Ein paar James-Bond-Fans könnten auch noch „Nobody Does It Better“ beisteuern, 1977 der erste Bond-Song, der nicht mit dem Filmtitel („The Spy Who Loved Me“) identisch war. Dann hört es aber wirklich auf.
Irgendeinen Eindruck kann „Boys In The Trees“ bei mir nicht hinterlassen haben, als es vor Jahren den Weg in meine Bestände fand. Da ich mich an wirklich schlechte Platten aber durchaus erinnern kann, beschloß ich, dieser, zumindest schon mal nicht jener Kategorie zugehörigen, eine zweite Chance zu geben. Mehr als einmal werde ich das Teil damals nicht gehört haben. Zurück aus dem Keller, konnte ich schon nach den ersten Tönen meine Ignoranz nicht mehr fassen! Da ich nie von einer partiellen Taubheit betroffen war, kann ich mir das nur damit erklären, daß diese Platte einfach ein entsprechendes Equipment braucht, um ihre Qualitäten unter Beweis stellen zu können. Ein Diamant funkelt ja auch nicht im Dunkeln. Aber in technischer Hinsicht hörte ich vor ein paar Jahren praktisch eben noch mit heruntergelassenen Jalousien. Und da sich nach wie vor kein echter Ohrwurm auf der Scheibe findet, genügte das offensichtlich nicht, um meine Aufmerksamkeit zu wecken.
1978 war Carly Simon 32 Jahre alt. Und sie war ein Star. Allerdings war ihr der Erfolg nicht in die Wiege gelegt worden, obwohl ihr Vater der Mitbegründer des renommierten Buchverlages Simon & Schuster war. Im Alter von acht Jahren begann Carly stark zu stottern. Psychologen und Ärzte probierten sich zunächst erfolglos aus. Da das Kind bald merkte, daß beim Singen keinerlei Einschränkungen zu spüren waren, sang es eben und schrieb bald auch eigene Lieder. 1964 (die Sprachstörung war verschwunden) begann sie dann, mit ihrer älteren Schwester Lucy als The Simon Sisters aufzutreten. Man verbuchte sogar einen Hit, bevor Carly 1971 in Milos Formans erstem amerikanischen Film „Taking Off“ ein Liedchen singen durfte. Ihr erstes Album war gerade erschienen und schlug sich beachtlich. Mit „You're So Vain“ von ihrer dritten LP „No Secrets“ erlangte sie dann Superstar-Status. Allerdings war der Zenit damit erreicht, und erst 1977 ging es mit dem bereits erwähnten Bond-Song noch einmal bergauf.
Nach mehreren kurzen Affären mit Leuten wie Warren Beatty, Kris Kristofferson, Cat Stevens, Jack Nicholson oder Mick Jagger traf Simon am 6. April 1971 im legendären Troubadour in Los Angeles, wo sie für Cat Stevens die Show eröffnete, erstmals James Taylor. Gut 18 Monate später waren die beiden verheiratet. Seitdem tauchen ihre Namen auch permanent auf den Platten des jeweils anderen auf, wobei Carly außerdem noch den Produktionen von James' Geschwistern Kate und Livingston ihre Stimme lieh.
Seit im November 1972 „You're So Vain“ erschien, wird gerätselt, wer denn nun derjenige ist, dem die sehr selbstbewußte Sängerin da die Leviten liest. Ich tippe nach wie vor auf Warren Beatty. Auch Mick Jagger wird hoch gehandelt. Da der aber im Background mitsingt, gehe ich mal davon aus, daß er sich vorher glaubhaft hat versichern lassen, nicht selbst der besungene Gockel zu sein.
Was vom ersten Carly-Simon-Album an auffällt, ist die unglaubliche Anzahl hochkarätigster Begleitmusiker. Mick Jagger war da eher prominent schmückendes Beiwerk. Schon auf dem Debüt verrichteten Cracks wie das spätere Gründungsmitglied von Steely Dan, Jeff Baxter, Paul Griffin (das Piano auf „Like A Rolling Stone“ war nur der Anfang) oder David Bromberg (die E-Gitarre auf „Mr. Bojangles“ war ebenfalls nur der Anfang) einen ausgezeichneten Job. Neben der seinerzeit sehr potenten Plattenfirma (Elektra) lag das auch daran, daß es für Studiomusiker sowohl eine Freude als auch Ehre war, mit dieser äußerst talentierten wie attraktiven Songschreiberin zusammenzuarbeiten. Wo auch immer sie ein Studio buchte, die Besten standen Gewehr bei Fuß. Die Sessions für „Another Passenger“ zum Beispiel fanden 1976 in Los Angeles statt. Jeder, der in Kalifornien etwas auf sich hielt, ob die Doobie Brothers, Little Feat, Linda Ronstadt, Glenn Frey oder Jackson Browne, ist auf dieser Platte zu hören. Für „Boys In The Trees“ entschied man sich für die Atlantic Studios in New York. Und nun war es an der Ostküsten-Elite, sich in die Kondolenzliste einzutragen. Den Kern der Truppe bildete eine junge Band, die eher zum Zeitvertreib von namhaften Studioprofis gegründet worden war: Stuff. Bassist Gordon Edwards (zuvor schon für Paul Simon und John Lennon aktiv), Pianist Richard Tee (Bob Marley, Dizzy Gillespie, George Harrison...), die Gitarristen Cornell Dupree (Aretha Franklin, King Curtis) und Eric Gale (Van Morrison, Quincy Jones) sowie Drummer Steve Gadd (nein, ich trage jetzt keine Eulen nach Athen) hatten ihren ersten gemeinsamen Job für Joe Cocker („Stingray“ plus anschließende Tour) absolviert, bevor sie auch Jazz-Funk-LPs als Stuff aufnahmen. Bei Carly Simon sorgten sie nun für den entsprechenden Drive, während weitere Hochkaräter wie Tony Levin, David Sanborn, Michael Brecker, Hugh McCracken oder der Perkussionist Crusher Bennett (später auch bei Steely Dan oder David Bowie zu hören) bei Bedarf punktuell unter die Arme griffen.
Schluß mit Namedropping. Was hat das Album nun musikalisch zu bieten? Schließlich wäre es nicht das erste Mal, daß auch ein Staraufgebot einen Absturz nicht verhindern konnte. Da kann ich Entwarnung geben. Das Songmaterial ist sehr solide, mit ein paar Ausreißern nach oben wie nach unten. Nach sechs Platten war Carly Simon als Autorin gefestigt und erwachsen geworden. Und sie wußte genau, wie das Spiel funktioniert. Nur an zwei Stücken hatte sie keine Aktie. Gleich der Einsteiger „You Belong To Me“ war eine Koproduktion mit Doobie-Brother Michael McDonald und zugleich die erste ausgekoppelte Single. Daß diese in den USA auf Platz 6 landete, kann ich zwar nicht nachvollziehen, aber andere Zeiten und andere Hörgewohnheiten mögen eine Erklärung sein. Im Titelsong geht es anschließend um das Heranwachsen eines jungen Mädchens, immer begleitet und beobachtet von den „Jungs in den Bäumen“. Nicht ganz unproblematisch, aber gut eingefangen. Der Humor und die weibliche Perspektive des Textes lassen Spekulationen zu, daß es Carly Simon schon immer zumindest nicht unangenehm war, betrachtet zu werden. Die nächste Single, „Devoted To You“, stammte aus der Feder des Ehepaars Bryant und war 1958 schon ein Hit für die Everly Brothers. 1965 fand sich der Song dann auch auf „Beach Boy's Party!“. Für das Ehepaar Simon/Taylor stellte er natürlich eine Paradenummer dar. Wenn ihre Beziehung auch so harmonisch gewesen wäre, wie ihr Gesang, es hätte sicherlich schnell langweilig werden können.
Die zweite Seite beginnt mit „Tranquillo (Melt My Heart)“, einer Disco-Funk-Nummer. Jedenfalls würde ich sie so bezeichnen. Hamish Stuart und Onnie McIntyre, Gitarristen der Average White Band, sowie Pianist Don Grolnick sorgen für eine willkommene Abwechslung, auch wenn ich persönlich mit diesem Stil nicht allzu viel anfangen kann. „One Man Woman“ schrieb ihr dann der Gatte auf den Leib, hielt sich aber aus der Aufnahme heraus. Dafür brillierte Michael Brecker einmal mehr mit einem gefühlvollen Saxophonsolo.
Den Journalisten und Textautoren Jacob Brackman hatte Carly bereits 1968 kennengelernt. Die beiden verband eine enge Freundschaft, und Brackman steuerte immer mal einen Text für sie bei. Eines dieser gemeinsam geschriebenen Lieder beendet mit einem sparsamen Arrangement die Platte: „For Old Time's Sake“... um der alten Zeiten willen. Außerdem finden sich noch ein paar eher belanglose Midtempo-Nummern und Balladen sowie eine echte Überraschung. Die heißt „De Bat (Fly In My Face)“ und bezieht sich angeblich auf eine wahre Begebenheit. In dieser Calypso-Nummer wird einiges an afrikanischen Einflüssen vorweggenommen, was später auf Paul Simons „Graceland“ für Furore sorgen sollte. Crusher Bennett und der Brasilianer Rubens Bassini trommeln, Luther Vandross ist im Background dabei. Für mich stellt dieses kleine, witzige und durchaus authentisch wirkende Stück den heimlichen Star des Albums dar. Es wäre nur zu wünschen gewesen, daß sich die Macher von „Graceland“ dieses Kleinod einmal angehört hätten. Dann wäre Pauls großartige Platte womöglich auch klanglich überzeugender geraten.
In dieser Hinsicht ist „Boys In The Trees“ nichts vorzuwerfen. Allerdings darf man nicht vergessen, daß wir uns mit großen Schritten auf die 1980er Jahre zubewegen. Mit heute kaum noch vorstellbaren Verkaufszahlen bestimmten zu jener Zeit die Eagles, Doobie Brothers und Bee Gees den Sound von Popmusik für Erwachsene. Ecken waren rund und Kanten fein säuberlich entgratet. Aber auch wenn man diesen polierten Sound nicht mag muß man zugeben, daß diese Scheiben hervorragend aufgenommen wurden. Wer also ausschließlich Wert auf klangliche Aspekte legt und bei der gebotenen Musik nicht auch noch unbedingt etwas fühlen muß, der ist gerade bei den genannten Bands bestens aufgehoben. Und so verwundert es auch nicht mehr besonders, daß sich Produzent Arif Mardin, der ein Jahr später einen Grammy für den Soundtrack zu „Saturday Night Fever“ erhielt, einfach dem Zeitgeschmack anpasste. Carly Simon hatte sich ja schon vorher allmählich von den Folk- und Westcoast-Rock-Einflüssen ihrer frühen Jahre verabschiedet. Hier ist sie nun, nennen wir das Kind ruhig beim Namen, bei Soft-Rock mit einer verschämten Prise Soft-Jazz angekommen. Die Platten ihres Gatten nahmen in jener Zeit übrigens einen ähnlichen Weg. Dem Klang tut das allerdings keinen Abbruch. Großartige Raumabbildung, unzählige Details, eine klar umrissene Gesangsstimme und Begleiter, deren Treiben immer bestens nachvollziehbar ist schaffen eine regelrechte Live-Atmosphäre. Das macht einfach nur Spaß. Zumindest so lange, bis die Streicher sich einmischen.
Obwohl sich das Album sehr gut verkaufte (ihr Debüt in der Platin-Liga), sind seine musikalischen Spuren heute fast völlig verweht. Nur Tori Amos hält die Erinnerung wach, indem sie das Titelstück seit Jahren bei ihren Konzerten spielt. 1980 nahm sich noch der Reissue-Spezialist Direct Disk Labs der Platte an, seitdem verschwand sie offensichtlich nicht nur bei mir im Keller. Ob diese Halfspeed-Produktion das Geld wert ist, das heute dafür aufgerufen wird, kann ich nicht sagen. Aber dafür sind gut erhaltene Originale noch immer äußerst günstig zu bekommen.
Und so eines ist auch mein „Kellerfund“ (Elektra 6E-128). Diese US-Ausgabe glänzt mit jeder Menge analoger Tugenden, klingt natürlich, warm und enorm transparent. Zischlaute beim Gesang sind überhaupt kein Thema. Nachdem sich die erste Überraschung etwas gelegt hatte, wollte ich natürlich wissen, ob diese Pressung eine Eintagsfliege ist. Ein zweites Original mußte also her. Wie gesagt, es gibt kaum etwas Günstigeres als eine Platte, die millionenfach auf den Markt geworfen wurde und heute niemanden mehr interessiert.
Bei Elektra und ein paar weiteren US-Firmen pflegte man die willkommene Angewohnheit, das Kürzel des jeweiligen Presswerkes in Klammern auf dem Label abzudrucken. Das spart die umständliche Identifizierung der Matrixnummern. Bei meinem ersten Exemplar findet man „PRC“. Das steht für die PRC Recording Company in Richmond, Indiana (wobei das „P“ auf Philips verweist, denen das Werk ursprünglich einmal gehörte). 1977 eröffnete man dann eine Filiale in Compton (Kalifornien). Dort wurde meine zweite US-Platte gepresst, zu erkennen an „PRC-W“ (für PRC-West) auf dem Label. Außerdem ließ Elektra unter anderem auch bei verschiedenen Columbia-Presswerken („CP“ für Pitman, „CT“ oder „CTH“ für Terre Haute, „CS“ oder „CSM“ für Santa Maria), bei Monarch („MO“) und natürlich bei der Specialty Records Corporation („SP“) in Olyphant, Pennsylvania herstellen. Haben Sie ein paar entsprechende 70er-Jahre-Ausgaben mit Butterfly-Label (z.B. von den Doors) im Regal? Dann schauen Sie doch mal nach! Es funktioniert allerdings nicht bei Scheiben, die in den frühen 70ern gepresst wurden sowie bei Promos. Macht das überhaupt einen Unterschied? Nun, so weit bin ich mangels ausreichend vergleichbarer Exemplare noch nicht vorgedrungen. Aber es gibt tatsächlich Leute, die auf ein ganz bestimmtes Presswerk schwören, so wie andere eben auf eine bestimmte Sorte Bier oder rumänische Kleinwagen schwören. Für einen kleinen Nordost-West-Vergleich genügen jedoch meine beiden US-Ausgaben. Dramatisch sind die Unterschiede wirklich nicht, aber selbst ich kann der Richmond-Pressung attestieren, daß sie etwas mehr Raum füllt, den Bass noch mehr akzentuiert, satter klingt. Und da gibt es noch etwas, was ich allerdings noch nie erlebt habe und mir auch nicht erklären kann. Die Innenhüllen weichen stark voneinander ab! Und nein, ich rede hier nicht von neutralen Firmenhüllen. Die kalifornische LP steckt in einer Hülle, bei der auf der Vorderseite neben den Texten der ersten Seite ein Bild Carlys prangt; auf einem Stuhl sitzend und vollständig bekleidet (mehr zu dieser Foto-Session im nächsten Abschnitt). Die Rückseite bringt dann die Texte der zweiten Seite sowie die üblichen Auflistungen zu Produktion, Aufnahmeort und Coverdesign. Die Innenhülle der LP aus Indiana hat diese Informationen bereits auf der Vorderseite, dafür jedoch kein Foto. Das ziert dann aber die Rückseite. Nur hat sich Carly inzwischen von ihrem Stuhl erhoben und drückt erst mal den verspannten Rücken durch! Wird das eine Bildgeschichte? Sollte da draußen jemand noch andere Fotos auf seinen Innenhüllen finden, bitte unbedingt melden! Ich wüßte zu gern, wie es weitergeht! Die stabilen Klappcover sind übrigens absolut identisch. Und für diese Überleitung zum nächsten Absatz dürfen Sie jetzt ruhig mal anerkennend nicken.
Einen nicht geringen Teil des Reizes von Carly-Simon-Alben macht (zumindest für Männer) natürlich die Verpackung aus. Dabei spielte die alte Weisheit „sex sells“ sicher nur am Rande eine Rolle. Denn Carly präsentiert sich auf den LP-Hüllen nicht etwa als leichte Beute, sondern als emanzipierte Frau, die sich ihrer optischen Vorzüge durchaus bewußt ist und diese gekonnt in Szene setzt. Schon auf ihrem Debüt posiert sie wenig ladylike. Und erinnert das Foto auf „No Secrets“ noch an einen zufälligen Paparazzo-Schnappschuß, appelliert dann das Frontcover von „Playing Possum“ sehr direkt an die Phantasie der Betrachter. Daß beim Shooting angeblich „Shaft“ von Isaac Hayes lief erklärt nicht alles, aber einiges.
Es war bei „Boys In The Trees“ Carly Simons eigene Idee, den Inhalt des Titelsongs in einem surrealen Bild darzustellen. Man verlegte den Ort der Handlung vom Schlafzimmer in ein scheinbar schon länger verlassenes Ballettstudio, verzichtete aber auf die pubertierenden Bengel auf ihrem Beobachtungsposten. Das entstandene Foto von Deborah Turberville zeigt deutliche Bezüge zu den Gemälden Edgar Degas' (Ballettmädchen) und Toulouse-Lautrecs (Frauen, die sich Strümpfe an- bzw. ausziehen). Sowas gefiel natürlich den Herren in der Jury, und so gab es 1979 einen Grammy für das „Best Album Package“. Carlys Oberteil existierte übrigens ursprünglich nicht. Es wurde erst nachträglich, wohl um nicht auf dem Index zu landen, per Airbrush hinzugefügt.
Ebenfalls über ein Klappcover sowie die Innenhülle mit der stehenden Künstlerin auf der Rückseite (ist es zu früh, vom „Indiana“-Style zu sprechen?) verfügt meine italienische Ausgabe, die ich fast vergessen hätte (Elektra W 52066). In die Auslaufrille sind die Zahlen „28/2/83“ eingeritzt, was man wohl als Produktionsdatum interpretieren darf. Überraschend für mich ist der geringe Abstand, in dem diese Platte den beiden Originalen folgt. Zwar etwas schlanker im Sound und mit ein paar Zischlauten belastet, schlägt sie sich immer noch achtbar.
Nachdem ich nun ausführlich versucht habe, Ihnen meinen Fund zu beschreiben, bleibt mir zum Schluß noch eine Frage. Wann waren Sie eigentlich das letzte Mal in Ihrem Keller? Und damit meine ich ausdrücklich keine möblierten Partybunker oder gar unterirdische Weihestätten, die nur zu dem Zweck erschaffen wurden, die Sammlung fachgerecht zu lagern, mein Freund!
Musik: 7,0
Klang: 9,0 (USA, 1978)
Klang: 8,5 (USA, 1978)
Klang: 8,0 (Italien, 1983)
Ronald Born, April 2015